1. Ablegerentwicklung

    Wir sind sehr beschäftigt, denn wir bauen gerade ein Haus. Nein, nicht für die Bienen, sondern für uns. Und das ist ein größeres Abenteuer, als wir es uns vorgestellt haben. Daher fehlt uns leider etwas die Zeit, über Erfahrungen und Erlebnisse mit den Bienen zu berichten. Allerdings sind in den letzten Wochen einige bemerkenswerte Sachen passiert, die wir nicht für uns behalten wollen.

    Starten möchte ich heute mit der Entwicklung unseres Ablegers.

    Der Ableger

    Das Volk unserer roten Königin Karla Marx kam den ganzen Frühling über nicht so richtig in Fahrt. Im Imkerkurs haben wir gelernt, dass man erweitern soll, wenn alle Wabengassen gut mit Bienen besetzt sind. Das war bei uns allerdings nicht der Fall. Mit etwas gutem Willen waren 7 Wabengassen belegt, die Randwabe noch nicht einmal ausgebaut. Also noch nicht erweiterungswürdig.

    Irgendwann im Mai besuchte uns der Bienensachverständige (BSV) unseres Imkervereins, um eine Futterkranzprobe zu ziehen. Das bedeutet, dass er von allen Völkern eines Standes etwas Futter aus dem Futterkranz über dem Brutnest entnimmt und zur Analyse auf Sporen der amerikanischen Faulbrut an ein Labor einschickt. Die Analyse wird von der Tierseuchenkasse bezahlt und ist Teil der Bekämpfungsstratgegie gegen die amerikanische Faulbrut.

    Nun war unser kleiner Kümmerling aber so klein, dass wir schon Mühe hatten, genug Futter für die Probe zu finden. Da aber sowohl der Referent im Imkerkurs als auch der BSV meinten, dass es in unserer Gegend durchaus vorkommen kann, dass schwache Völker auch im Mai noch nicht richtig durchgestartet seien, haben wir uns etwas beruhigen lassen. Als dann aber zwei Wochen nach der Futterkranzprobe der Futtervorrat auf den Waben weniger und weniger wurde und die Bienen auch die Beschädigungen der Waben durch die Futterkranzprobe noch nicht ausgebessert hatten, machten wir uns langsam doch Sorgen.

    Wir wollten über ein langes Wochenende Freunde im Norden besuchen und entschieden uns daher dafür, dem Ableger etwas Futter zu spendieren. Wenn das Wetter gut würde, könnten die Bienen Nektar sammeln, wenn nicht, hätten sie so noch etwas Reserve, bis wir wieder zurück wären. Wir hatten noch etwas Futterteig vom Vorjahr übrig, was sicherlich nicht die beste Art ist, einen hungernden Ableger zu füttern. Da wir aber nicht erreichbar waren, wollten wir auch keine Räuberei riskieren. Und Futterteig ist wohl für Räuberei weniger anfällig. Also habe wir das Päckchen aufgeschnitten und auf die Oberträger gelegt. Da es zu dick für unter dem Deckel war, haben wir noch eine Leerzarge aufgesetzt.

    Das Konzert

    Donnerstags sind wir losgefahren, Sonntags wollten wir zurück. Samstag spätnachmittags saßen wir in einem Konzert, als sich mein Handy bemerkbar machte. Wegen Rufbereitschaft schalte ich dieses nur auf lautlos. Mit einem kurzen Blick sah ich aber, dass es der Schwiegervater war. Der aber eigentlich im Urlaub verweilte. Etwas irritiert, machte ich Sie auf den Anruf aufmerksam. Das Konzert näherte sich gerade dem letzten Akkord, daher schaltete Sie ihr Handy aus dem Flugmodus, um prompt eine Benachrichtigung zu erhalten, dass unser Nachbar angerufen hatte. Nun waren wir doch etwas besorgt. War etwas passiert? Die Katze angefahren? Das Haus abgebrannt? Wir überlegten kurz, um dann prompt die Zugabe zu schwänzen und stattdessen telefonisch nachzufragen, was denn passiert sei.

    Die Besucher

    Nach einem etwas aufgewühlten Telefonat mit unserem Nachbarn war klar, dass etwas mit den Bienen passiert ist. Die Sprache war von Kühen, Kindern und einem umgestürzten Bienenhaus. Da Ihre Mutter nicht im Urlaub verweilte und im gleichen Dorf wohnt, haben wir sie kurzerhand auf unseren Bauplatz dirigiert, um nach dem Rechten zu schauen.

    Das umgestürzte Bienenhaus

    Laut der Nachbarn waren am frühen Samstag Morgen im Nachbardorf Kühe ausgebüchst und den Radweg bis zu unserem Grundstück gelaufen. Da dort gerade Baustelle ist und wir uns nicht wirklich um die Gartenpflege kümmern, sprießt dort das üppigste Grün des ganzen Dorfes. Wäre ich Kuh, würde ich auch dorthin gehen. Und scheinbar hat sich eine Kuh an den Bienen vorbei in eine Engstelle zwischen den Brennholzstapeln manövriert, aus der sie nicht mehr ohne weiteres herauskam. Dabei muss sie dann die Beute umgeworfen haben.

    Als Neuling verfällt man bei einem solchen Anblick gleich in Schockstarre. Vor allem, wenn man 400 km entfernt ist. Die Nachbarn hatten schon versucht, einen anderen Imker aus dem Dorf zu kontaktieren, diesen aber nicht erreicht. Wir haben kurz überlegt, ob wir die Schwiegermutter in einen Anzug befehligen und per Telefon einen Crash-Kurs zukommen lassen sollten, haben uns dann aber dafür entschieden, unseren Imkerpaten, der drei Dörfer weiter wohnt, zu bitten, sich der Sache anzunehmen. Diesen erreichten wir glücklicherweise, als er es sich gerade auf der Terrasse gemütlich machen wollte. Geschwind packte er seinen Anzug und Werkzeug zusammen und eilte zu Hilfe. Rettung war also organisiert.

    Das Nachspiel

    Als sich die Aufregung etwas gelegt hatte, kamen Gedanken wie “Hat die Königin überlebt”, “Verkraftet der Kümmerling einen solchen Schock” oder auch “Bleiben wir auf dem Schaden sitzen, sollte das Volk eigehen”. Unser Imkerpate hatte uns per Telefon schon kurz berichtet, dass die Bienen wohl weiterhin die Brut gewärmt hätten und er beim Zusammenbau der Beute auch die Königin gesehen hätte, aber man weiß ja nie. Und gerade als Neuling ist man ja überbesorgt.

    Sollte das Volk, warum auch immer, das Kuh-Attentat nicht überleben, könnte man zum einen den Halter der Kühe belangen, da dieser seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, denn schließlich sind ihm die Kühe abgehauen. Gegen solche Schäden sind Landwirte normalerweise versichert. Als zweite Instanz gibt es wohl auch noch eine Versicherung über den Imkerverein. Wir würden also im Worst Cast zumindest nicht auch noch auf dem finanziellen Schaden sitzen bleiben.

    Ergebnis

    Als wir am Sonntag wieder zu Hause waren, haben wir noch den weniger gut geeigneten Futterteig abgeräumt und durch etwas Zuckerwasser 1:1 ersetzt. Am nächsten Tag bin ich direkt zum Imkerladen gefahren und habe noch etwas Futtersirup besorgt, mit dem wir dann weitergefüttert haben, nachdem das Zuckerwasser aufgenommen war. Insgesamt haben wir 1 Liter Zuckerwasser und knapp 2 Liter Sirup verfüttert. Das Ergebnis ist nun, dass das Volk sich prächtig entwickelt hat. Am Wochenende füllte es die beiden Bruträume sehr schön aus und auch der Bautrieb ist wieder erwacht. Fehlstellen sind ausgebessert und auch der Drohnenrahmen in der oberen Zarge wird ausgebaut. Ob der Kuh-Schock der Erweckungsmoment des Volkes war? ;)

    Fazit

    Ich vermute, dass der Ableger, den wir im letzten Jahr auf Mittelwänden gestartet haben, zu schwach aus dem Winter gekommen ist, um sich zu entwickeln. Er hat von der Hand in den Mund gelebt. Alles, was gesammelt wurde, ging für den Selbsterhalt drauf, aber es war nicht mehr genug da, um die vorhandenen Mittelwände auszubauen. Durch den fehlenden Platz (es waren nur knapp 7 Waben wirklich ausgebaut) bestand aber auch keine Möglichkeit, große Vorräte anzulegen. Und ohne Vorräte keine Kraft zum Ausbauen. Ein Teufelskreis. Wir sind froh, dass wir diesen irgendwie verlassen haben uns es trotz des Besuchs der Kühe nun bergauf geht. Am Wochenende nach dem tierischen Besuch haben wir sogar einen Honigraum aufgesetzt, und sei es nur, um ein paar Mittelwände ausbauen zu lassen, damit der nächste Ableger nicht in die gleiche Falle tappt.

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